Eine Behinderung kann nicht nur seit der Geburt bestehen oder durch einen Unfall aufgetreten sein, sondern auch durch einen Schlaganfall, der als der häufigste Grund gezählt wurde eine Behinderung zu erwerben.
Als Schlaganfall gilt eine mehr als 24 Stunden andauernde Störung der Gehirnfunktion, welche durch eine Unterversorgung eines Teiles des Gehirns ausgelöst wird. Die Gehirnzellen erhalten dadurch nicht mehr genug Sauerstoff und Nährstoffe und befinden sich daher in der Gefahr abzusterben. Abhängig von der Dauer der Unterversorgung sind die Folgen eines Anfalls, die Zeit entscheidet, ob das Gehirnareal zeitweise oder dauerhaft beeinträchtigt ist – „Zeit ist Gehirn“, wie es bei Neurochirurgen heißt.
Besonders häufig auftretende Folgen sind Lähmungserscheinungen, Sprech- und Sprachstörungen, Gefühlsstörungen und Sehstörungen. Dabei sind diese Störungen bei ungefähr der Hälfte der Patienten dauerhaft und beeinträchtigen damit deren Alltagsleben langfristig. Der Hirnschlag gilt in Deutschland als häufigster Auslöser der Pflegebedürftigkeit und kann schwere langfristige Schäden des Gehirns mit sich bringen.
Mittlerweile gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten eines Schlaganfalls, die auch in der Lage sind dauerhafte Schäden und ein damit verbundenes Handicap zu verhindern. Gerade bei Behinderten bestehen hier aber erhöhte Operationsrisiken.
Bewegungsstörungen und ihre Folgen
Die Bewegungsstörungen, motorische Defizite, umfassen ein Spektrum von leichten Gangunsicherheiten, bis hin zu umfangreichen Lähmungen. Dabei ist zum Beispiel eine unvollständige Halbseitenlähmung sehr häufig, welche nicht nur Arme und Beine, sondern auch das Gesicht betreffen kann. Im Gesicht äußert sich die Lähmung an einem herabhängenden Mundwinkel und einem schlaffen Augenlid. So können auch das Sprechen, Kauen und Schlucken beeinträchtigt werden. Die dadurch möglicherweise auftretende Schluckstörung, Dysphagien genannt, sorgt bei den Betroffenen für Probleme Flüssigkeiten im Mund zu behalten, oder die Nahrung auf das Schlucken vorzubereiten.
Gefährlicher wird es bei einer Störung des Schluckreflexes, welche nach einer Schädigung des Stammhirnes auftritt. Dadurch kann Nahrung in die Luftröhre gelangen, was heftige Hustenattaken und sogar Erstickungsanfälle auslösen kann. Zudem können in die Lunge geratende Nahrungspartikel eine Lungenentzündung bedingen. Auf diese Schluckstörungen kann eine Mangel- oder Fehlernährung folgen, da durch das erschwerte Schlucken die Patienten weniger Nahrung zu sich nehmen.
Zu den auftretenden Bewegungsstörungen nach einem Anfall gehören auch die Ataxie und Apraxie. Ataxie steht für eine gestörte Bewegungskoordination, die sowohl die Grobmotorik, als auch Feinmotorik betreffen kann und so Einfluss auf zum Beispiel Gehen, aber auch Schreiben haben könnte.
Die Apraxie bezeichnet die Störung der Ausführung komplexer Bewegungsabläufe, wie Haare kämmen. Dabei sind nicht die einzelnen, für die Handlung nötigen Bewegungen, wie den Arm auf Kopfhöhe heben, beeinträchtigt, sondern Bewegungsabläufe, die mehr als nur eine Bewegung erfordern. Häufig tritt die Apraxie bei einer Schädigung der linken Gehirnhälfte auf.
Sehstörungen
Häufig folgen auf einen Hirnschlag Sehstörungen. Dazu gehört zum Beispiel das Auftreten eines verengten Sichtfeldes. Durch verdunkelte Randbereiche entsteht ein sogenannter Tunnelblick. Dazu kann auch auf beiden Augen bis zu das halbe Gesichtsfeld fehlen. Falls der Hirnschlag das sekundäre Gesichtszentrum geschädigt hat, kann der Patient zwar seine Umgebung sehen, aber nicht mehr erkennen und benennen.
Als weitere Sehstörungen können Augenflimmern, Doppeltsehen und kurzzeitige Erblindungen auf einem Auge auftreten.
Aufmerksamkeitsstörungen
Neben Bewegungs- und Sehstörungen können auch Aufmerksamkeitsstörungen der Fall sein. So können Schlaganfallpatienten an einem sogenannten Neglect leiden. Ist dies der Fall, verhalten sich die Patienten so, als würde eine Seite des Außenraumes nicht existieren. Sachen, die sich in dieser Raumhälfte befinden, werden von dem Betroffenen ignoriert und vernachlässigt, als würden sie nicht da sein. Dabei werden die Sinnesreize zwar vom Gehirn empfangen, jedoch bewusst nicht wahrgenommen, häufig ohne, dass die Patienten das merken. Abgesehen von dem Neglect kann auch eine Störung der selektiven Aufmerksamkeit auftreten. Die Patienten haben Schwierigkeiten sich auf eine Sache zu konzentrieren und sie schalten nicht relevante Reize aus. Auch die Vigilanz, die Daueraufmerksamkeit, kann durch einen Hirnschlag beeinträchtigt werden, was zur Folge hat, das sich Patienten nicht lange auf eine Sache konzentrieren können.
Sprech- und Sprachstörungen
Sprech- und Sprachstörungen können die sprachliche Kommunikation nach einem Hirnschlag auf verschiedene Weise beeinträchtigen. So kann schon ein leichter Schlaganfall eine Aphasie mit sich bringen, die dafür sorgt, dass Patienten ihre Gedanken nur schwer ausdrücken können und Schwierigkeiten dabei haben, zu verstehen, was andere ihnen sagen möchten. Auch Sprechstörungen können auftreten, bei denen die Betroffenen abgehackt, verwaschen, monoton und langsam oder überstürzt sprechen.
Gefühlsstörungen
Viele von einem Hirnschlag betroffene können nach dem Anfall in manchen Bereichen einer Körperhälfte Sinnesempfindungen nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr empfinden. Dazu gehören Berührungen, Schmerz und Temperaturreize.
Gedächtnisstörungen
Eine ebenfalls häufige Folge eines Anfalls sind Gedächtnisstörungen. Dazu gehören Probleme, vor dem Hirnschlag, gespeichertes Wissen abzurufen, oder Schwierigkeiten sich neue Informationen zu merken, was aber auch durch eine Aufmerksamkeitsstörung bedingt sein kann. Die Art der Gedächtnisstörung kann Auskunft geben über den Ort der Hirnschädigung. Wenn das Abrufen von Fakten beeinträchtigt ist, deutet das auf eine Schädigung der linken Gehirnhälfte. Kann sich der Patient jedoch nicht mehr an persönliche Ereignisse erinnern, so betrifft die Schädigung meist die rechte Gehirnhälfte.
Persönlichkeitsveränderungen
In manchen Fällen kann ein Hirnschlag eine Veränderung der Persönlichkeit auslösen. Dazu gehört Teilnahmslosigkeit, aber auch Anzeichen von Depressionen und plötzlich auftretende Wutausbrüche, sowie zwanghaftes Weinen.
Behandlung eines ischämischen Schlaganfalls
Bei der Behandlung eines ischämischen Schlaganfalls geht es darum, so bald wie möglich die Durchblutung des betroffenen Hirnbereiches wiederherzustellen. Genutzt dafür wird die systemische Thrombolyse – auch kurz Lyse genannt. Dabei wird ein Blutgerinnsel-Auflösendes Mittel über die Vene verabreicht. Wichtig bei dieser Behandlung ist vor allem der Zeitfaktor. Die Thrombolyse sollte möglichst innerhalb von 4 und 1/2 Stunden nach dem Auftreten erster Symptome eines Hirnschlages durchgeführt werden. Das möglichst Frühzeitige Reagieren hilft Todesfälle zu reduzieren und das Risiko für ein mögliches Handicap nach dem Eingriff gering zu halten.
Jedoch bringt der Eingriff bestimmte Risiken, wie das einer Hirnblutung, mit sich und ist daher nicht für jeden Patienten geeignet.
Bei manchen Formen des ischämischen Hirnschlages kann auch eine weitere, neuere, Behandlungsmethode genutzt werden. Bei der mechanischen Thrombektomie benutzen die Ärzte einen dünnen Katheter, der an die durch einen Gefäßverschluss betroffene Stelle geführt wird. Danach wird mit dem Katheter das Gerinnsel mechanisch entfernt und abgesaugt. Diese Behandlung kommt nur ungefähr für fünf Prozent der Schlaganfallpatienten in Frage, da sich das Gerinnsel dafür an den großen Hirngefäßen befinden muss. Anders als bei der systemischen Thrombolyse gilt bei der Thrombektomie ein Zeitfenster von sechs bis zu acht Stunden. Jedoch ist der Eingriff groß, aufwändig und kompliziert, weswegen er nur von Spezialisten durchgeführt werden kann und so fast ausschließlich in größeren Zentren angeboten wird.
Hemikraniektomie
Bei der Behandlung einer Blutung sind grundsätzlich zwei Dinge wichtig. Die Blutung, falls es möglich ist und noch nicht von selbst geschehen ist, zu stoppen und mögliche negative Folgen der Blutung zu verhindern. Sonst könnte das aus den Hirngefäßen austretende Blut, mit dem dadurch entstehenden Blutgerinnsel, das umliegende Gewebe verdrängen und die im Blut enthaltenen Stoffe könnten teilweise die Gehirnzellen schädigen. Der dadurch entstehende Druck könnte gesunde Gewebeteile beschädigen, was zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Zustandes des Patienten führen kann.
Bei der dekompressiven Hemikraniektomie, welche bei hämorrhagischen Hirnschlägen angewendet wird, wird ein mindestens 12 Cm großer Teil der Schädeldecke, über dem betroffenen Hirnareal, entfernt um das Gehirn von erhöhten Druck zu entlasten. Die Operation wird vor allem bei schweren Schlaganfällen angewendet, da sie die Überlebenschancen signifikant erhöhen. Ohne den Eingriff führt der Verschluss der mittleren Hirnaterie, laut Angaben von Neurochirugen, bei fast 80% der Patienten zum Tod, dabei ist die Todesursache die Gehirnschwellung, die den Schädeldruck massiv ansteigen lässt. Genau diese Schwellung wird bei der OP gelindert. Durch die nur geringen Risiken und ihre Wirksamkeit gilt die Hemikraniektomie mittlerweile bei jüngeren Schlaganfallpatienten als Standardbehandlungsmaßnahme, da die Überlebenschancen fast verdreifacht werden und eine bleibende schwere Behinderung selten ist.
Bei Patienten über 60 lebt jedoch ungefähr jeder dritte der Patienten nach der OP mit einer dauerhaften Schädigung. Daher entscheiden sich Betroffene im höheren Alter nicht selten gegen die OP, auch wenn die Überlebenschancen sich durch die Hemikraniektomie deutlich erhöhen.
Grundsätzlich ist eine möglichst frühe Entscheidung für die Operation wichtig, da der Grad einer bleibenden Behinderung von der Dauer der Anschwellung abhängig ist.